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Meinung/Sozialverhalten/WarumLarpForen

Diskutierst Du noch - oder spielst Du schon?

Blöde Frage, eigentlich. In LarpForen kommt gerne mal das Totschlagargument "Redet nicht, spielt lieber ...".

Irgendwie scheinen die Leute zu glauben, diejenigen, die in den Foren über LARP, Spielstil, Gewandungsqualität, Regelphilosophie und Pappnasentum diskutieren, säßen auch den ganzen Con über herum und diskutierten nur über so ein Zeug.

Es geht mir manchmal ziemlich auf die Nerven, daß manche Leute immer betonen, daß Spielen und Über-Spiel-Diskutieren Widersprüche seien.

Es ist sicherlich falsch, wenn man eines davon am falschen Ort tut, aber generell kann man doch das eine tun und muß das andere nicht lassen. Das eine gehört auf Cons und das andere auf Stammtische, in LarpForen und hier ins LarpWiki. Und nach wie vor bin ich der Meinung, daß Netzdebatten übermäßig polarisieren. Man extrapoliert den Standpunkt seines "Gegners" ins Extrem und greift ihn dann an. Der aber verwendet dieselbe Taktik. Und schon werden aus vagen Vorlieben dem Anschein nach extreme Prinzipien. Ohnehin äußern Leute in Forumsdebatten gerne pauschale Allgemeinaussagen. Das läßt den eigenen Beitrag imposanter erscheinen. Unumstößliche Wahrheiten wirken nun mal wichtiger, als relativierendes Wischiwaschi. Dann streiten sich zwei über Standpunkte, die sie so extrem gar nicht haben.

Gleichzeitig gibt es oftmals auch eine Überbewertung der Bedeutung von Meinungen in Foren, besonders, wenn in einer Online-Community bestimmte Ansichten vorherrschend sind. Der Effekt zeigt sich dabei nicht nur bei denen, die diese Meinungen vertreten, sondern auch bei denen, die von dieser Meinung "getroffen" werden. Wiederholte Proteste gegen Leute, die "anderen ihr Spiel verbieten wollen" wirken eher lächerlich, da es offensichtlich ist, daß man vermittels eines Internet-Forums niemendem etwas verbieten kann. Einige Leute persiflieren diese Beschwerden mittlerweile, indem sie gelegentlich ausdrücklich Spielinhalte verbieten.
"Das solltest Du lassen" heißt doch nur "Das käme in meinem persönlichen Heilewelt-LARP-Schlaraffenland nicht vor." und nicht "Das ist verboten" oder "Ich werde Dich bis aufs Messer bekämpfen, wenn Du's anders machst."

"Ignoriere alle Regeln" gilt insbesondere für Regeln, die jemand (und sei es auch eine Mehrheit) in einem Forum verbreitet. Habt mehr Mut zum Scheiße gefunden werden.

Die meisten Leute, die in LarpForen unumstößliche Richtlinien für "richtiges" oder "gutes" Spiel formulieren, zanken sich im Spiel dann dennoch nicht mit Leuten, die anders spielen und Leute, die im Forum anscheinend völlig gegensätzliche Positionen vertreten, können dann auf dem Con doch meist hervorragend miteinander spielen, weil hier doch letztlich jeder mit dem Kompromiß leben kann, den er im Forum nicht zugeben muß.

Wo ist das Problem? Das Spiel und die abstrakte Diskussion darüber sind zunächst mal relativ unabhängig voneinander. Aber vielleicht hilft das Diskutieren ja doch mal, daß das Spielen für alle besser wird. Und wenn es nur dadurch ist, daß man die Leute findet, die das gleiche spielen wollen oder aber die, die von der Einstellung her zum eigenen Spiel so inkompatibel sind, das man deren Cons meidet, was für alle Beteiligten besser ist!

Und was wäre denn auch die Alternative? Wir lassen das alles mit den Foren, dem Wiki und der Theorie? Wir reflektieren gar nicht mehr zwischen den Cons, welche OT-Mechanismen wie auf das Spiel einwirken? Wir beleuchten gar nicht mehr auf einer Meta-Ebene, was uns selbst und anderen am Spiel gefällt, was sie bewegt, wie die Gruppendynamik zustande kommt, wo die Störungen liegen und damit letztlich auch, warum es mal nicht funktioniert und wo die Ursachen für den Streit liegen?

Das IT und das "Spaß haben und Eintauchen" bleiben die einzige Maxime?

Dann sind wir aber auch wieder da, wo wir in den 90ern waren. Wo man eben nicht das theoretische Rüstzeug hatte, festzustellen, daß die Spannung zwischen zwei Spielern daraus resultiert, daß der eine ein Hardcore-IT-Konsequenz-Simulationist ist und der andere ein Storyteller, der seine Charaktergeschichte zuende erzählen will, egal, wie "logisch" da manche Details sind. Dann haben die beiden eben nicht die Möglichkeit, festzustellen, daß sie letztlich verschiedene Sachen wollen und darüber einen Kompromiß schließen müssen, sondern sie halten sich gegenseitig für einen Idioten, der "das LARP" nicht verstanden hat.

--RalfHüls, 07.10.2004,18.11.2011 mit Input von FredSchwohl und TobiasSeybold

Irgendwer (war ich das vielleicht sogar selber?) hat mal irgendwo in einem Larp-Forum festgestellt, daß LARP eigentlich nur ein billiger Vorwand für unser eigentliches Hobby ist: Über LARP diskutieren. RalfHüls, 19.11.2004