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RickS./Bastelanleitungen/Beinlinge


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Beinlinge

"Beinlinge sind die Hosen des Mittelalters." So oder so ähnlich könnte man dieses Kleidungsstück wohl beschreiben. Letztendlich sind Beinlinge nur passend geformte Röhren aus Stoff. Aufgrund der menschlichen Anatomie tendieren diese Röhren jedoch dazu, bei Bewegung am Bein herunterzurutschen. Deshalb empfehle ich, die Beinlinge (ähnlich realhistorischen Vorbildern) an der Brouche festzunesteln.

Für meinen ersten Versuch Beinlinge herzustellen verwende ich Wollstoff in Leinwandbindung. Es handelt sich dabei um ein Streichgarngewebe mit ca. 280 g/m², das ich günstig auf Ebay ersteigert habe.

  • {*} Achtung!

    • Ihr solltet euren Wollstoff unbedingt einmal waschen, bevor ihr mit dem Zuschnitt beginnt! Dadurch verzieht sich der Stoff später nichtmehr beim Waschen und ihr habt lange Freude an euren Beinlingen.

benötigt wird:

  • eine gute Schere
  • Stecknadeln (ich habe kurzzeitig mehr als 20stk gebraucht - aber habt lieber mehr in Reserve!)
  • Wollstoff
  • billiger Baumwollstoff (bei mir "Bomull" von IKEA)
  • Nadel und Faden (ich verwende eine mittelgroße, spitze Nadel und Baumwollgarn 40/3 sowie ein stabiles, höher verzwirntes Garn für die Nestellöcher)

  • optional: Nähmaschine
  • Maßband
  • Zollstock
  • Buntstift bzw. Schneiderkreide

Anfangs habe ich nach der Anleitung eines Buches gearbeitet, bin dort jedoch auf Probleme gestoßen, und habe deshalb ein (zumindest für mich) einfacheres und reproduzierbares Schnittmuster erstellt:

Schnittmuster.jpg

Auf der rechten Seite seht ihr das Schnittmuster "aufgeklappt", also in voller breite. Zur Erstellung empfehle ich euch den Stoff zu falten, denn so wird euer Schnittmuster automatisch so symmetrisch, wie es sein sollte (linke Seite).

  • > a

    • hat sich bei mir mit ca. 20cm bewährt.

      Probiert hier aber unbedingt so lange aus, bis der Beinling für euch bequem ist, sonst zwickt es nachher an einer sehr unangenehmen Stelle. ;)

    > b

    • ist das Maß von der Hüfte zum Knie. (oberhalb des Beckenknochens bis schmalste Stelle im Kniebereich)

    > c

    • ist der Umfang eures Knies. Messt hierfür an der schmalsten Stelle.

    > d

    • ist der Umfang eurer Wade. Messt hierfür an der stärksten Stelle.

    > e

    • ist das Maß von eurem Knie, bis zur Wade.

    > f

    • ist das Maß von eurer Wade bis zum Anfang eures Fußspanns.
      • {*} b+e+f sollte jetzt eure Beinlänge ergeben.

    > g

    • ist das Maß von eurem Fußspann über eure Ferse. Messt dafür an der stärksten Stelle, wenn ihr den Fuß gestreckt habt. Hier wird nicht der Umfang des Beins verwendet, da ihr ja die Beinlinge später auch über die Ferse bekommen müsst, um ihn aus- bzw. anzuziehen.

    > h

    • ist der Umfang eures Oberschenkels. Messt dafür an der stärksten Stelle.

Das Schnittmuster zeichnet ihr nun unter Berücksichtigung eurer Maße auf den billigen Stoff. Diesen benutzen wir, um das Schnittmuster auszuprobieren, denn es schleichen sich schnell Messfehler ein und es wäre schade deswegen den hochwertigen Stoff zu zerstören.

Ich habe das Schnittmuster hier aufgeklappt (also wie auf der rechten Seite des Schnittmusters oben) konstruiert:

1.jpg

Zum Ausschneiden habe ich es dann wieder zusammengeklappt.

Wichtig: lasst rundherum ruhig 3-4cm Zusätzlich zu euren Maßen stehen, da wir damit das endgültige Schnittmuster ermitteln und evtl. etwas mehr Stoff gebraucht wird, als ihr gemessen habt!

2.jpg

Lasst euch von den beiden Fortsätzen unten nicht irritieren.
Das war mein Versuch einen Steg unten an den Beinlingen zu belassen, wie es den historischen Vorbildern (Quelle: ISBN 9783938922033) entspräche.
Diese habe ich jedoch aufgrund der schwierigen Umsetzung und meiner Bedenken bezüglich einer Naht im Sohlenbereich weggelassen.
Negative Auswirkungen daraus konnte ich bislang nicht feststellen.
Bei euch müssen diese Fortsätze also nicht am Schnittmuster hängen.

Diesen ersten Versuch des Schnittmusters steckt ihr nun mit Stecknadeln anhand der von euch ermittelten Maße zusammen und versucht dann vorsichtig den Beinling anzuziehen. Dabei darf es ruhig eng sein, sollte aber nie so sehr gespannt werden, dass die Nadeln herausrutschen oder euch das Blut abgeschnürt wird.

Markiert euch mit einem Stift, an welchen Stellen ihr das Muster enger und an welchen Stellen ihr das Muster weiten müsst.

Dann zieht den Beinling wieder aus, verändert in kleinen Schritten die Nadeln gemäß eurer Markierungen und probiert ihn wieder an.

Hier braucht ihr Geduld, denn diesen Vorgang wiederholt ihr so lange, bis euch der Beinling wirklich gut passt.

Anschließend schneidet ihr das Schnittmuster endgültig zu. Vergesst dabei nicht, einen Zentimeter Nahtzugabe nach allen Seiten zu lassen (oben und unten eher etwas mehr).

Das so erstellte Schnittmuster wird nun aufgeklappt und schräg auf den Original-Stoff gelegt. Der schräge Fadenverlauf erlaubt es später den Stoff etwas zu dehnen, was dem Tragekomfort und dem leichteren an- bzw. ausziehen dienlich ist.

3.jpg

Habt ihr euren Stoff zugeschnitten, faltet ihr die späteren Beinlinge wieder längs und steckt sie mit Stecknadeln anhand eures Billigstoffes zusammen. Jetzt ist die letzte Gelegenheit die Beinlinge zu probieren und evtl. kleinere Ungenauigkeiten auszubügeln!

4.jpg

Anschließend näht ihr anhand eurer Absteckung mit geradem Stich die beiden Stoffschichten zusammen. Die Farbe des Fadens ist hier nahezu unerheblich, denn auch bei dunkelgrünem Stoff ist die naturweiße Naht beim Tragen unsichtbar.

5.jpg

Anschließend könnt ihr den überstehenden Stoff noch etwas kürzen und anschließend versäumen. Ich habe hier eine zweite gerade Naht und einen Zickzackstich benutzt:

6.jpg

Oben und unten (also im Schrittbereich und am Knöchel) habe ich den Stoff zweimal umgeschlagen und dann gerade darübergenäht. Gerade im bereich des späteren Nestelloches (Hüfte) finde ich die so erhöhte Stabilität sehr sinnvoll.

Nun noch umkrempeln, dass die Nähte innen liegen und fertig sind eure Beinlinge.

Auf diesem Bild seht ihr oben einen bereits umgekrempelten Beinling - unten die frisch genähte (auf links gedrehte) Variante mit den sichtbaren Nähten:

7.jpg

Ihr werdet nun vermutlich feststellen, dass eure Beinlinge schnell nach unten rutschen, wenn ihr euch darin bewegt.
ich empfehle daher eure Beinlinge ähnlich den historischen Vorbildern an der Bruche festzunesteln.

Dafür braucht ihr ein Nestelloch - eine Art Knopfloch für die Nestelschnüre.

Stecht dafür mit einem spitzen Gegenstand (z.B. Bleistift) ein Loch in das Gewebe eurer Beinlinge - am obersten Punkt (Hüfte) und lasst ca. 2cm Stoff oben stehen.

Beim Stechen schiebt ihr die Fäden des Stoffes nur auseinander und schwächt damit nicht die Stabilität, was der Lebensdauer zugute kommt. Schneidet also die Fasern nicht unnötig ein.

8.jpg

Anschließend näht ihr so um das Loch, dass es geöffnet bleibt (sonst schließt der Stoff das Loch wieder). Verwendet dazu ein stabiles, stark verzwirntes Garn, da hier große Kräfte wirken werden.

9.jpg

Durch dieses Loch wird später die Nestelspitze mit dem Nestelband gefädelt. Dieses Band hält den Beinling später in Position.

Fertig sind eure Beinlinge!

  • {i} Das Schnittmuster kann auch in dünnem Leder ausgeführt werden. Hierzu kann auch das Schnittmuster von Chaps abgewandelt werden. (Tipp von Tim Drachenroester)

    • Hierzu muss der Schnitt jedoch etwas weiter ausfallen, als bei elastischem Stoff, da sich Leder nicht so leicht dehnen lässt. (Einschätzung von RickS.)


> Feedback erwünscht!

Hinterlasst mir gerne einen Erfahrungsbericht und/oder Verbesserungsvorschläge auf der hierzu gehörigen Diskussionsseite.

Hier jedoch bitte ich darum, diese Anleitung nicht selbsttätig zu ändern: BitteNichtStören


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RickS. 2012-07-10


Kategorie/Bastelanleitung