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Einsteiger/ElternÜberzeugen

Warum sollte ich mein Kind Live-Rollenspielen lassen?

Gerade jüngere LARP-Einsteiger haben evtl. nicht nur mit der eigenen Schwellenangst zu kämpfen, sondern insbesondere auch mit der der Eltern. Was machen die da überhaupt? Ist das eine Sekte? Wird man da nicht völlig zum Phantasten? Eltern machen sich nun mal Sorgen.

Einige Argumente für LARP, die man den Eltern vorlegen kann, sollen hier gesammelt werden. Dies ist bewußt keine reine Jubelseite. Zeigt euren Eltern auch den Teil mit den Einwänden. Daß LARP nur Vorteile hat, glauben sie euch sowieso nicht.

Gründe dafür

LARP fördert das Interesse an Geschichte

LARPs sind mehrheitlich in einer mittelalterlichen Fantasy-Welt angesiedelt. Kenntnisse mittelalterlicher Geschichte, Waffentechnik und Kultur sind zur Darstellung eines solchen Hintergrundes oft hilfreich. Früher oder später beginnt fast jeder Liverollenspieler, sich für Geschichte und Kultur des Mittelalters zu interessieren. Und wer sich diesem Thema "rechtzeitig" zuwendet, dem könnte dieses neu erwachte Interesse in Zusammenhang mit den neu erworbenen Kenntnissen durchaus helfen, dem Geschichtskurs an der Schule oder an der Uni mit der notwendigen Energie beizuwohnen, die den Erfolg sichert.

LARP regt zu kritisch-konstruktiver Auseinandersetzung mit Geschichte an

Hat man sich dem LARP zugewandt und sein Interesse an Geschichte entdeckt, so wird man schnell darauf stoßen, dass zum einen sehr viel Halbwissen oder auch Falschwissen zur "Allgemeinbildung" gehört. Und zum anderen wird man darauf kommen, dass nicht alles, was heute einfach ist, auch früher so einfach war. Wer heute ein T-Shirt für ein paar Euro kauft, kann nur schwer nachvollziehen, dass eine einfache Tunika früher durchaus ein wertvoller Besitz war. Auch einige liebgewordene Irrtümer kann man so beseitigen: Nicht jeder Gepanzerte war ein Ritter oder ein Soldat, und soviel über Ritterlichkeit gesungen und gedichtet wurde, so finster sah es zum Teil mit den tatsächlichen Herren aus.

LARP animiert zu handwerklichen Tätigkeiten

Gekaufte Kostüme, Ausrüstung, Waffen und Rüstungen sind teuer und wenig individuell. Jeder Liverollenspieler kommt irgendwann dazu, Kostüme oder Ausrüstung selber basteln zu wollen. Nähen, Brettchenweben, Sticken, Lederarbeiten, Holzarbeiten, Malen, Kalligraphie, ja, sogar Plättnern und Schmieden. Liverollenspiel zieht zuweilen die vielseitigsten Nebenhobbies nach sich.

LARP ist meist auch Sport an der frischen Luft

An der "heutigen Jugend" wird oftmals vor Allem ihr eklatanter Bewegungsmangel kritisiert. Liverollenspieler sind in der Regel alles andere als Stubenhocker. Viele Spiele finden zu einem Großteil im Freien statt. Abenteuer werden im Wald inszeniert. LARP-Kampf steht anderen sportlichen Tätigkeiten um nichts nach. Dabei unterliegen der Kampf und die verwendeten Spielzeug-Waffen strengen Sicherheitsregeln. Liverollenspiel dürfte allemal gesünder sein als sein elektronisches Pendant, das Computer-Rollenspiel.

LARP fördert Kreativität

Liverollenspiel spielt in einer fiktiven Welt. Es gilt, Hintergrundgeschichten für einzelne Figuren oder ganze Länder zu erfinden. Wappen, Flaggen oder Landkarten werden entworfen. Manche Spieler denken sich Fabelwesen und deren Kultur aus oder übertragen sie aus einer Fantasy-Vorlage in eine reale Darstellung. Dabei sind Kostümdesign und Maskenschminken unerläßlich. Es gibt eine Vielzahl von Bereichen, in denen Liverollenspieler kreativ tätig werden müssen.

LARP ist kommunikativ

Liverollenspiel funktioniert nur gemeinsam mit anderen Leuten. Man stellt eine Rolle vor allem mittels Dialogen und Gesprächen dar. Dabei ist eine gewisse Improvisationsgabe gefordert. Man lernt im Laufe der Zeit viele neue Leute kennen.

LARP fördert Teamgeist und Gruppenverhalten

Im Live-Rollenspiel müssen Rätselgeschichten oder Kriminalfälle gelöst werden. Das fördert die Entwicklung von Lösungsstrategien und Kooperation oder Diplomatie. Es werden Ritterorden, Adelshäuser oder Mönchsorden mit festen Hierarchien dargestellt. Hier können alle Arten von gesellschaftliche Rollen erprobt werden. Je nach gewählter Rolle kann Selbstbehauptung oder auch Integrationsfähigkeit vonnöten sein.

Nicht umsonst werden Liverollenspiel-ähnliche Veranstaltungen zum Teil für teures Geld als Managertraining oder Teambildungsseminare für Firmen angeboten.

LARP ist Lebenserfahrung

Vor allem wird der Umgang mit Menschen und Situationen geschult. Wie komme ich mit der Gruppe klar? Wie kann ich dieser Partei meine Idee vermitteln? Wie vermeide ich den Konflikt? Viele dieser Fragen können hier im Spiel geübt werden für das persönliche Leben. Reaktionen werden erfahren und Gelerntes verarbeitet.

Einwände

Auf LARPs wird getrunken

Na ja. Schon - auf Liverollenspielen wird auch gerne gefeiert. Aber exzessiver Alkoholkonsum ist verpönt, denn wer trinkt, kann nicht mehr gut schauspielern und darf nicht an Kampfdarstellungen teilnehmen. Veranstalter, die Minderjährige zulassen, sind durch den gesetzlichen Jugendschutz gehalten, ein Auge darauf zu haben. Auf Schulfeten und Geburtstagen im Teenageralter wird häufig viel mehr Alkohol getrunken als auf einem LARP.

Ist das nicht zu gruselig?

Beim Liverollenspiel soll meist eine spannende Handlung vermittelt werden. Dabei gibt es durchaus Spielinhalte, die Geister, Dämonen oder auch Kriegssituationen beinhalten. Es besteht aber für Spieler, die sich überfordert fühlen, jederzeit die Möglichkeit, aus der Spielhandlung auszusteigen. Das ist gerade bei Veranstaltern, die Jugendliche zulassen, der Fall. Und Spiele mit echten Horror-Szenarien haben ohnehin eine entsprechende Altersbeschränkung.

Verliert man nicht den Realitätsbezug?

Nein. Liverollenspielern ist in der Regel absolut klar, dass sie ein Spiel in einer fiktiven Spielwelt spielen und dass die Rolle am Sonntag bei der Heimfahrt abgelegt wird. Pathologische Ausnahmen dürften nicht häufiger sein als unter Renntaubenzüchtern.

Das Hobby wird überwiegend von Jungen und Männern ausgeübt - werden Mädchen da nicht permanent angebaggert?

Man würde sich was vormachen, wenn man glaubte, daß es bei Veranstaltungen, bei denen ein Haufen meist jüngerer Leute mit ähnlichen Interessen zusammentrifft, nicht auch zu Anbahnungen von mehr oder weniger langfristigen Beziehungen kommt. Die Tendenz ist da im LARP sicher nicht stärker ausgeprägt als sonst im Kreis Gleichaltriger, etwa in der Tanzschule oder im Sportverein.

Ob das männliche Geschlecht tatsächlich zahlenmäßig überlegen ist, hängt auch von der Veranstaltung ab: Ein Schlachten-Con hat gewöhnlich einen höheren Männeranteil als eine Hofhaltung.

Gibt es nicht einen starken Einfluß von Esoterik und Satanismus?

Kaum. Live-Rollenspiel orientiert sich zuweilen an real existierenden Religionen und Glaubenspraktiken, dies jedoch stets in abstrahierter Form. Einerseits, um nicht mit Gläubigen real existierender Religionen in Konflikt zu geraten, andererseits um zu verhindern, dass die Spielhandlung ernst genommen und ins reale Leben übertragen wird. Es ist nicht auszuschließen, dass einige Satanisten auch Live-Rollenspieler sind und umgekehrt, jedoch dürfte der Anteil solcher Sektierer im LARP nicht höher sein als an der Gesamtbevölkerung. Es geht also um spielerische Darstellung von Magie, nicht um Missionierung. LARP ist und bleibt unpolitisch und konfessionslos - ein Spiel!

Ist Liverollenspiel nicht ein unglaublicher Zeiträuber?

Die Gefahr besteht absolut. Man kann beliebig viel Zeit in dieses faszinierende Hobby investieren. Das gilt aber genauso für Fußball, Internet oder Computerspiele. Hier ist es Sache der Eltern, ggf. regulierend einzugreifen, damit "Nebensächlichkeiten" wie Schule nicht vergessen werden.

Sonstiges

  • Eine kurze Erläuterung zum ausdrucken und vorzeigen.

  • Übrigens gab es eine Serie von zehn LARPs, die vom Fachbereich Familie und Jugend des Kreises Unna veranstaltet wurde.
  • Kinder im Liverollenspiel listet weitere Seiten zum Thema. Dort werden auch Vereine gesammelt, die Erlebnis- und Live-Rollenspiele für Kinder und Jugendliche mit pädagogisch geschulter Betreuung veranstalten.

  • Mittlerweile trifft man oft Eltern und Kinder gemeinsam auf LARPs an.
  • Wissenschaftliche Studien und andere Quellen zum Thema Rollenspiel finden sich in der Link-Sammlung.

  • Durchaus respektable Leute gehen auf ein LARP: gestandene Handwerker, Ingenieure, Sanitäter, Ärzte, Doktoren jeden Faches, Musik-Promoterinnen, Polizisten, Juristen, Kommunal-Parlamentsmitglieder, examinierte Bilanzbuchhalter, Kindergärtnerinnen, Lehrer und Lehrerinnen ... alle sind da (und das sind nur die, die mir einfallen).


Autoren: DominikFarnady, HannoLamp, JanHeiden, Jochen, KaiEck, RalfHüls, OpaTobi
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