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Meinung/Konsequentes Spiel/MagieUndLogik

Magie oder Technologie?

  • "Any sufficiently advanced technology is indistinguishable from magic"
    • (Arthur C. Clarke)

In der Diskussion um Magie oder Alchimie und deren Wirkungsweise stößt man häufig auf unterschiedliche Auffassungen darüber, inwieweit diese Spielkonzepte mit realer Naturwissenschaft vereinbar sein sollen. Dabei gibt es zwei entgegengesetzte Tendenzen. Einerseits stort sich manch einer daran, wenn Fantasy-Alchimisten moderne Chemie oder Magier moderne Physik in ihr Spiel einbauen, andererseits sollen magische Effekte mit realen physikalischen Gesetzmäßigkeiten vereinbar sein. So entstammt ein großteil dieses Textes ursprünglich einer Debatte, ob ein "Feuermagier" heilen können sollte, da das Ausbrennen von Wunden in der Realtät zu Gewebezerstörung und Infektionen führen würde.

Mag sein, daß es dabei um des Kaisers Bart geht, aber wer sagt, daß in einem gegebenen Fantasy-Szenario nicht die Alchimie nur ähnlich weit oder gar weiter ist als reale Chemie/Pharmakologie?

Ich neige der Einfachheit halber auch eher dazu, alles, was nicht auch in unserer Welt existier(t|en kann) irgendeiner Magieform zuzuschreiben. Das Technologielevel ist aber zu beachten. Uns erscheint ein Antibiotikum als nichts besonderes. Im realen Mittelalter wäre ein Trank, der die Schwindsucht zu heilen vermag, wohl eher für Hexenwerk gehalten worden. Dementsprechend könnte vieles, was mit heutiger Technik möglich ist, aber auf dem mittelalterlichen Technologie-Niveau der meisten LARP-Szenarien nicht plausibel ist, einer geeigneten Disziplin wie Magie oder Alchimie zugeschrieben werden. Und die Erklärung dafür darf insbesondere durchaus heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen.

Worauf ich hinaus will, ist, daß ich nicht das geringste Problem damit habe, wenn eine Erklärung, warum man mit Feuermagie heilen kann, innerhalb eines Vier-Elemente-Weltbildes erfolgt. Ich zumindest mache kein reenactment, sondern Fantasy-Rollenspiel. Auch wenn ich kein Freund des "Wir machen ja Fantasy"-Totschlagarguments bin, heißt das nicht, daß eine Erklärung magischer Effekte anhand moderner Erkenntnisse über Naturgesetze erfolgen muß.

Ich gehe (mit Halbwissen) davon aus, daß nach dieser Philosophie alle Materie aus Feuer, Wasser, Erde und Luft in veränderlichen Gewichtsanteilen besteht (wobei Feuer und Wasser kein Widerspruch sein muß, Dampf besteht z.B. aus diesen beiden Elementen und Luft), und sehe die Heilung dann nicht in dem Sinne, daß einfach Pures Feuer auf die Wunde gerichtet wird, sondern daß die Heilung dadurch angeregt wird, daß die feurigen Bestandteile des Körpers manipuliert werden.

Ich improvisiere mal eine solche Erklärung: Muskeln stehen für Stärke und Gewalt, bestehen also offensichtlich aus den Elementen Feuer und Erde. Da die Muskelfasern (Erde) noch vorhanden sind, aber durch den Schnitt durchtrennt wurden, muß nur der Zusammenhalt der Muskelstränge wieder hergestellt werden, also die Energie des im Muskel innewohnenden Feuers gestärkt werden.

Da kann man vielleicht noch dran feilen, aber ich fände eine solche Erklärung mindestens so zufriedenstellend, wie das Argument, daß verbrannte Organe eitern.

Ich habe mal eine recht plausible Erklärung dieser Art erhalten, warum man mit Feuermagie Vergiftungen heilen kann, indem man sich auf das Gift konzentriert, und nur dieses aus dem Körper ausbrennt. Dabei muß natürlich die Kraft des Feuers so wohldosiert sein, daß nichts sonst Schaden nimmt.

Im Endeffekt läuft alles auf die müßige Debatte hinaus, wie verträglich Magie mit den sonst den Spielern bekannten Naturgesetzen sein soll. Ich habe dabei wie gesagt kein Problem damit, wenn man sich erst in ein unaufgeklärtes Weltbild versucht hineinzuversetzen, und sich dann eine Magietheorie zurechtlegt.

Das gleiche Prinzip greift übrigens bei utopischer Technologie im SF-LARP. Ob einer fünf Steine im Fünfeck legt und mir erzählt, welche Energieflüsse er damit kanalisiert, oder ob einer seinen PDA bimmeln läßt und erzählt, er habe das Plasma gezündet, ist mir doch grad egal. ;-) Das Thema Science Fiction und Logik wird auf einer eigenen Seite abgehandelt.

Das Ganze soll nur ein Vorschlag sein, wie ein Feuermagier seine Heilmethode erklären könnte. Ich betone nochmal, daß ich nicht das geringste von Magie verstehe (im Larp oder sonst) und auch keine Feuer- oder andere Magier verteidigen will, die auf dumme Fragen nicht so eine oder eine ähnliche Antwort parat haben.

--RalfHüls

Magieregeln und moderne Wissenschaft

Ein zweiter Bereich, wo LARP-Magie und reale Wissenschaft aufeinanderprallen, sind die Magie-Regeln. Wenn Spieler und Spielleiter über die genaue Wirkungsweise eines Spruches diskutieren, wird regelmäßig auch auf Basis der Auswirkungen argumentiert, die die von der Regel beschriebenen Effekte unter realen physikalischen Bedingungen hätten. Da diese Debatte zuweilen als problematisch erkannt wird, erhebt sich zuweilen auch die Forderung, daß eine IT-Magietheorie so aufgebaut werden soll, daß sich die OT-Magieregeln logisch erschließen lassen.

Da liegt nämlich gerade das Problem: Magie und Logik. Da es keine bekannten Gesetzmäßigkeiten für Magie gibt (und von mir aus wg. Fantasy und Mystik auch nicht geben soll), ist es etwas schwierig, mit Logik zu argumentieren. Wir hatten das in den LarpForen schon oft.

Das Problem dabei ist, daß man irgendwo den Bruch zwischen Naturgesetz und magischer Wirkung ansetzen muß. Und da es nun mal keine objektive Wahrheit gibt, und jeder sich einen magischen Effekt soweit plausibilisieren muß, wie es seine Vorstellungskraft und seine naturwissenschaftlichen Kenntnisse zulassen, kommt bei "logischer" Betrachtung magischer Effekte nun mal leicht jeder zu anderen Schlußfolgerungen.

Das Ganze bricht spätestens dann zusammen, wenn man ganz grundlegende allgemeingültige Naturgesetze betrachtet, unabhängig von der konkreten Wirkung des Spruchs. Bei einer Vereinheitlichung mit moderner OT-Wissenschaft kann man Magie komplett streichen.

Würde der Zauber, der zufällig "Windstoß" heißt, wirklich einen so starken Wind erzeugen, daß ein Mensch davon umgepustet wird, so wäre es auch unlogisch, daß nur einer getroffen wird. Mir ist in einem Forum zwar bei einer ähnlichen Debatte schon mal erwidert worden, daß es eben ein sehr lokaler, gerichteter Wind ist, aber ich habe Schwierigkeiten, mir einen "Windstoß" als magische Düse vorzustellen.

Also hat der Zauber nur eine magische Wirkung, die den unbedarften Betrachter an die Wirkung eines Windstosses erinnert.

Was ist mit Energieerhaltung? Entropie? Wird dem Zauberer warm, wenn er sich vom Berg ins Tal teleportiert? Was ist mit Impulserhaltung? Muß man sich nicht bei Windstößen hinten abstützen? (cf. David Eddings - Belgariade ;-)

Magische Energie kommt aus Kohlenstoff? Wieso nicht aus "Chakra"? Oder schwarzer Galle?

Der Magier ist ein Leiter, der magische Energie kanalisiert? Auf wieviel Ampere ist der denn so abgesichert? Materie verknistert zuweilen auch, wenn Energie durch sie hindurchfließt. Hast Du das mal durchgerechnet?

Warum sollte Metall magische Energie abschirmen? Das magische Feld um den Zaubernden, der ein Schutzschild zaubert, interferiert nicht mit der Energie, die durch dieses Feld hindurch geleitet wird? Warum nicht? Die magische Rüstung hängt am interdimensionalen Potenzialausgleich? Und wenn die Magiepunkte alle sind, haut's den FI 'raus?

Wenn man mit physikalischer Argumentation anfängt, landet man vermutlich bei genau einer Schlußfolgerung: es gibt keine Magie. Irgendwo ist der Punkt, an dem man die Physik verlassen und postulieren muß, daß ein Effekt eben magisch ist. Dann gibt es aber auch keinen Grund, Energieerhaltung zu postulieren.

Solche Sachen werden normalerweise aus Überlegungen der Regelbalance eingeschränkt. IT-Magietheorie und jede naturwissenschaftliche IT-Logik in Bezug auf Magie muß vor Allem eins leisten: den regeltechnisch vorgesehenen Effekt (und keinen anderen) zu erklären. Alle "Erklärungen" sind Flavor und sollten tunlichst nicht zur Ableitung irgendwelcher Regeln herangezogen werden. Dann bricht das System nämlich irgendwo zusammen, weil unterschiedliche Leute mit unterschiedlichem physikalischme Halbwissen oder unterschiedlicher Plausibilisierung der magischen Effekte zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

Ich zweifle immer noch daran, daß das eine Magietheorie möglich ist, die es erlaubt, aus der IT-Logik die Regeln schlüssig abzuleiten.

Wenn nun aber eine "naturwissenschaftliche" Sicht der Sache nicht oder nur unter streng formulierten Annahmen möglich ist, fährt man IMHO einfach besser, wenn man den Versuch gar nicht unternimmt, sondern Magie nur als abstraktes Regelkonstrukt auffaßt.

"Logisch" kann Magie (im Rahmen derzeit vorherrschender naturwissenschaftlicher Paradigmen) nicht sein. An irgendeiner Stelle muß man mit den Schltern zucken und sagen: "Ist halt Magisch"

Die Frage, ob Magier in Rüstung zaubern können, ist somit nicht objektiv zu beantworten. Je nach Ausgestaltung des übrigen Regelwerks kann es sinnvoll sein, das Zaubern sowohl in eine Rüstung aus magischer Energie als auch einer magisch verstärkten Metallrüstung zu erlauben oder verbieten.

Oder man verzichtet ganz auf diese Objektivität und nimmt in Kauf, daß jeder einen Zauber so ausspielt, wie es ihm plausibel erscheint. Dann darf der Zaubernde aber vom Opfer keine bestimmte Reaktion erwarten sondern muß mit jeder Reaktion zufrieden sein. Das erfordert ein höheres Maß an Kompromißbereitschaft und widerspricht der Zielsetzung der meisten ausformulierten Regelwerke, die geschaffen werden, um genau die o.g. Objektivität herzustellen.

Für eine Vereinheitlichung von IT-Logik und OT-Regel bräuchte es eine ziemlich detailliert ausformulierte Magietheorie auf Regelebene, bzw. der Autor der Magieregeln muß zumindest eine hinter den Regeln liegende schlüssige Magietheorie im Kopf gehabt haben, die sich in den Systematiken der Regel noch wiederfinden läßt.

Eine Spruchsammlung wie das LM kann nur so funktionieren, wie ich es geschildert habe.

Es ist zu beobachten, daß Magier, die versuchen, Regeldiskussionen über die Wirkung von Zaubern anhand Ihrer jeweiligen Plausibilisierungen der rudimentär beschriebenen Effekte zu führen regelmäßig auf keinen grünen Zweig kommen.

Jeder hat halt so seine Plausibilisierungen für magische Effekte, aber die sind höchst subjektiv, weil im Zweifel jeder unterschiedliche Grenzen zwischen OT bekannten Naturgesetzen und magischer Wirkung zieht. Da diese "Erklärungen" nun aber schlecht zu verallgemeinern sind, bleibt als einziger objektiver Referenzpunkt der Wortlaut der Regel, egal wie (un-)logisch der einem erscheinen mag.

Eine wissenschaftliche Theorie ist gültig, solange sie die Realität in angemessener Näherung beschreibt. Tut sie das nicht, muß sie verworfen werden. Auf die Magiefrage übertragen heißt das, das jede Magietheorie taugt, solange sie die Realität (nämlich die formulierte Regel) erklärt.

Mit einem Magieregelwerk, daß allgemeingültig plausibilisiert ist, so daß sich Zusammenhänge logisch erschließen lassen, wäre allen mehr gedient, als mit "Ist halt Magie". Ich fordere auch nicht, daß man unterlassen soll ein solches zu finden. Ich stelle nur fest, daß es anscheinend bis dato keins gibt.

Ergo: Diskussion magischer Effekte nur auf Regelsystematik begründen und nicht auf IT-Plausibilität.

Ich rede natürlich nur über die OT-Diskussion. Also bitte um jeden Preis schöne (gerne auch widersprüchliche) IT-Erklärungen für die Effekte suchen, die die Regeln vorgeben, aber eben nicht die Magieregeln daraus ableiten, was man nach seiner willkürlich gewählten Magietheorie für plausibel hält. Letzteres klappt nicht.

--RalfHüls


Kategorie/Magie