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LarpMedikamentenrecht

Dieser Artikel dient lediglich als Sammlung von Hinweisen, kann und soll aber in keinem Falle die ärztliche Beratung, Diagnose oder Behandlung ersetzen. Der Hinweis zu Gesundheitsthemen der WikiPedia sollte auch im LarpWiki beachtet werden. Das gleiche gilt für rechtliche Inhalte.

Medikamente bei LarpSanis

Der Gebrauch von Medikamenten im Rettungsdienst unterliegt einer andauernden Kontroverse, die seit Jahrzehnten geführt wird. Dies hat dann natürlich auch Auswirkungen auf den LarpSani und die Arbeit von Sanis auf Con, was ja idR fast so etwas ist, wie ein “offizieller” Sanitätsdienst im geschlossenen Umfeld.

Grundsätzlich dürfen in Deutschland nur Ärztinnen Medikamente geben und invasive Techniken (venöser Zugang, Intubation etc. pp.) durchführen. Das dies in der Praxis nicht in dieser schwarz/weiß Kategorisierung betrieben wird ist auch allen klar, die schon mal ernsthafteren Kontakt mit unserem Gesundheitssystem hatten. Denn streng genommen dürfte keine Schwester und keine Sanitäterin eine Nadel benutzen (auch ohne Medikament) oder eine Aspirin oder Fenistil-Salbe verabreichen. Wenn das so streng praktiziert werden würde, dann würde unser Gesundheitssystem nicht funktionieren. Daher gibt es in der Praxis etablierte Methoden wie es trotzdem mit den entsprechenden Regeln funktionieren kann.

Praktikabler Workaround

Auf Anweisung: In Klinik und Praxis heißt das Zauberwort “auf Anweisung”. Sprich das medizinische Personal handelt auf Anweisung einer Ärztin wenn es Medikamente gibt. Manchmal geschieht das Ganze sehr explizit: “Schwester, geben sie Herrn X bitte 10mg Prednisolon iv.” und manchmal sehr implizit: “Alle Patienten in der Sprechstunde bekommen Blut abgenommen” oder “auf dem Medikamentenplan für Patient X steht 5mg/kg Morphin als Bedarfsmedikamentation”. Rechtlich gesehen beruhen aber alle diese Workarounds auf dem gleichen Prinzip, dass die Ärztin quasi die Verantwortung übernimmt.

Die Ausnahmeregelung: Da im Rettungsdienst oftmals (noch) keine Ärztin vor Ort ist und die Telemedizin noch nicht so weit entwickelt ist, dass die Sanis fernmündlich “auf Anweisung” tätig werden könnten wird oft auf die Notkompetenz https://de.wikipedia.org/wiki/Notkompetenz_(Rettungsdienst) zurückgegriffen, was rechtlich stark vereinfacht soviel heißt, wie “eigentlich dürfte ich es ja nicht, aber weil es ein Notfall ist muss ich es trotzdem machen und daher darf ich es doch.” Das ist rechtlich gesehen eine andere Grundlage als “auf Anweisung” und wegen der unklaren Regelung behaupten die Anwenderinnen gerne mal “ich stehe mit einem Bein im Knast”, wenn sie dies machen.

Notfallsanitäterin: Seit 2014 gibt es die Notfallsanitäterin, die eine gewisse schriftlich verbriefte Berechtigung für invasive Maßnahmen und Medikamente hat und dadurch nicht mehr “mit einem Bein im Knast steht” wenn sie nur ihren Job tut. Hier beruht die rechtliche Grundlage aber wieder auf dem “auf Anweisung”-Prinzip, nur dass die Anweisung von der ärztlichen Leiterin des Rettungsdienstes pauschal für alle Notfallsanitäterinnen mit Ausbildungsstand XYZ und Maßnahme ABC gilt.

Ich tu ja nix: Eine beliebte Methode im Sanitätsdienst ist die “ich tu ja nix”-Methode. Eine Patientin hat einen Mückenstich und kommt zur Sani. Diese sagt: “Ich darf ihnen diese Fenistil-Salbe nicht draufschmieren, aber wenn ich die Tube hier auf den Tisch lege, dann werde ich sie nicht davon abhalten sie sich selber draufzuschmieren.” Gleiches gilt für Aspirin oder ähnliche Medikamente. Diese Methode ist von allen hier die Larp relevanteste und der Hauptgrund, warum ich diesen Artikel schreibe. Bevor ich aber ausführlich dazu komme mich genauer zu erklären kommt noch mehr rechtliches BlaBla.

Körperverletzung

Rechtlich gesehen sind invasive Techniken und Medikamentengaben Körperverletzungen mit dem entsprechenden Präfix (fahrlässig, mutwillig, etc. pp.). Nun kann natürlich jede Patientin ihre Einwilligung zur Körperverletzung geben, was im klinischen Alltag vor Operationen z.B. nach einem Aufklärungsgespräch mit einer entsprechenden Unterschrift dokumentiert wird.

Das gilt grundsätzlich auch für die Fenistilsalbe und das Aspirin. Sprich die Sani kann die Patientin mit dem Mückenstich fragen: “Wenn ich Ihnen die Salbe draufschmiere, dann ist das Körperverletzung. Habe ich ihre Einwilligung?” und wenn die Patientin ihre Einwilligung gibt, dann darf die Sani das auch machen.

Das Problem ist nur, wann es eine echte Einwilligung ist. Denn dafür muss die Patientin frei in der Meinungsbildung sein. Oder anders gesagt, wenn eine Patientin zur Sani geht, dann hat sie Schmerzen und will, dass diese aufhören. Damit ist sie automatisch schon nicht mehr frei in der Meinungsbildung. Außerdem gibt es ein Ausbildungs/Wissensgefälle, sprich die Sani hat idR. wesentlich mehr Ahnung von Medizin, als die Patientin und ist in ihrer Funktion in einer Autoritätsposition. Auch daher ist die Meinungs/Willensbildung schon nicht mehr absolut frei. Letztendlich ist es eine Individualentscheidung (auch vor Gericht), wann eine Einwilligung existiert und wann nicht.

Einwilligung kann auch pauschal gegeben werden. So geht der Gesetzgeber z.B. davon aus, dass man mit der Teilnahme an einer Sportveranstaltung automatisch die Einwilligung zu einer, für den Sport typischen, Körperverletzung gibt. Im Larp z.B. mit der Polsterwaffe auf den Kopf gehauen zu werden. Sprich wer zur Sani geht will auch behandelt werden.

Jetzt mal zurück zur “Ich tu ja nix”-Methode. Da wähnen sich die meistens Sanis in absoluter Sicherheit, weil sie ja eben die Maßnahme nicht selber durchführen (also nicht selber das Fenistil auf den Mückenstich schmieren). Dem ist nicht so, denn rein rechtlich gesehen ist das eigenhändige draufschmieren der Patientin nur eine Einwilligung zur Körperverletzung durch die Sani. Zugegebenermaßen eine sehr starke Form der Einwilligung, aber rechtlich gesehen ist es das gleiche (nur mit verschiedener “Einwilligungsgüte”), als ob die Sani die Patientin nach Einwilligung fragen würde. Auch das Vorschlagen einer Behandlung und die Bereitstellung der Mittel ist streng genommen eine Körperverletzung, auch wenn man “nix tut”.

Handhabung im Sanitätsdienst und Larp

Da die Rechtslage so kompliziert und individuell ist stellen sich die meisten Hilfsorganisationen auf den Standpunkt die Anwendung von Medikamenten und invasiven Techniken im Sanitätsdienst einfach pauschal zu untersagen. Da die meisten LarpSanis aus der Struktur der HiOrgs kommen (bzw. dort gelernt haben) bringen sie diese Einstellung natürlich auch im Larp mit und etablieren damit diese Vorgehensweise auch bei uns.

Ob wir das als Larper aber wirklich wollen, sollten wir uns zweimal überlegen. Denn LarpSanis sind idR. nur sich selber und ihren Patientinnen verpflichtet und haben daher einfach mehr Freiraum, als im Sanitätsdienst, wo immer noch die HiOrgs mit drinhängen und man im Zweifelsfall auch eine Repräsentantin der Organisation ist und die eigenen Handlungen auch auf Kolleginnen zurückfallen. Was jetzt jede Sani für sich persönlich daraus ableitet bleibt ihr selbst überlassen. Ich hoffe mit dem Geschriebenen hier ein wenig zur Meinungsbildung beigesteuert zu haben.

TobiasCronert


Siehe auch: LARP-Unfälle, Schlimmste LARP-Unfälle, LARP-Sani, LARP-Medikamentenrecht
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Kategorie/Organisation

Meine persönliche Meinung

Ich selber gehe als Sanitäterin recht weit und habe auf Con Patientinnen auch schon verschreibungspflichtige Medikamente gegeben und im regulären Rettungsdienst invasive Techniken angewendet. Aber ich weis, was ich tue, vertraue auf meine Ausbildung und Fähigkeiten und bin mir der möglichen Konsequenzen bewusst. Aus meiner persönlichen Meinung und Vorgehen soll niemand eine Handlungsanweisung geschweige denn Rechtfertigung ableiten. - TobiasCronert