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HerrenGewandungBarockRokoko

Herrengewandung in Barock und Rokoko

Vorwort

Dieses Text-Monster ist als grober Leitfaden gedacht.Keinesfalls ist er allgemeingültig oder allumfassend. Durchaus habe ich manchmal sicher vereinfacht, ausgelassen oder bin nicht ins tiefere Detail gegangen. Immerhin sind es 1 1/2 Jahrhunderte, über die ich hier schreibe, deren Modegeschichte mühelos etliche Bände füllt. Wer ein tieferes Interesse hat, wird sicher bessere und genauere Infomationen finden können. Wie dem auch sei, ich hab' mich wenigstens bemüht

Viel "Spaß" beim lesen, ich hoffe es kann nützlich sein.

ZumAnfang

Es wird im Folgenden oft angemerkt,das sich Kleidungsstücke im Laufe der Zeit veränderten. Natürlich passen in einem Anzug nur Teile der gleichen Ära zusammen, dassollte man vielleicht beachten, wenn man sich einen solchen Anzug zulegt.

Der Gehrock

Der Gehrock ist wohl das charakteristischste Kleidungsstück eines Gentleman des 17ten und 18ten Jahrhunderts, ja auch vieler Bürger und Handwerker. Ebenso ist es auch das auffallendste Kleidungsstück einer Barock- oder Rokoko-Gewandung, und sollte daher in Material und Verarbeitung wohl gewählt sein, da er den größten Anteil am Erscheinungsbild seines Trägers hat.

Allgemein sollte der Rock bis ungefähr zu den Knien hinunter reichen. Die frühen Röcken reiche sogar etwas weiter als bis zumKnie, die späten hören vorher auf. Des weiteren sollte er sehr eng am Körper anliegen, also recht enge Ärmel besitzen, und tailliert geschnitten sein. Im späten 17ten und frühen 18ten Jh. sinde die Ärmel noch nicht sehr eng, werden ea aber im Laufe der Zeit, während der Oberkörper schon früh recht eng ist. Die Rockschöße, d.h. alles an Stoff was unterhalb der natürlichen Hüftlinie ist, sind hinten in der Mitte bis zu dieser Höhe geschlitzt. Dies ermöglicht das Hinsetzen, Reiten und der Degen schaut in der frühen Trageweise keck hervor. Die Schöße sollten viel Stoff haben, damit der Rock nicht wie eine Röhre aussieht, sondern schön in Falten fällt. Breitet man die Rockschöße auf dem Boden aus, sollten sie für das 17te Jh. in etwa einen vollen Kreis beschreiben, für einen Rock des 18ten Jh.s zunächst einen Dreiviertelkreis, zum Ende des Jh.s hin immer weniger. Die Schöße sind immer auch noch einmal bis zur gleichen Höhe wie der Mittelschlitz hinten geschlitzt. Diese Schlitze sollten die Seitennähte als Linie quasi fortsetzen, welche im Vergleich zu modernen Anzügen recht weit hinten liegen. Diese Schlitze können entweder Offen bleiben, oder mit je ca. 3-6 Knöpfen zusammengehalten werden. Diese können entweder funktional sein, mit echten Knopflöchern, oder einfach dekorativ aufgenäht sein, ohne das man sie lösen könnte.

Die Ärmel sollten im 17ten Jh. so kurz sein, dass die untere Hälfte des Unterarmes noch vollständig frei läge, und die Ärmelaufschläge sollten dann doch schon recht groß sein, je nach Stand und Herkunft. Die Ärmel werden dann langsam länger, bis sie ungefähr die "normale" Länge erreichen, regional und zeitlich natürlich mit geringen Unterschieden. In der Mitte des 18ten Jh.s beispielsweise sind die Ärmel so lang, das sie bis kurz vor die Handgelenke reichen und die Ärmelaufschläge nicht mehr so riesig, wie im späten 17ten Jh.

Für das 17te Jh. sind die Röcke kragenlos, und werden über dem Bauch mit ein paar der Knöpfe, die die gesamte Vorderkante vorhanden sind, geschlossen getragen, man könnte sie, z.B.bei kaltem Wetter, aber ganz schliessen.

Ab der zweiten Hälfte des 18ten Jh. sind zunächst Umlegekragen und zum Ende hin zunehmend, und wachsende Stehkragen üblich, aber auch noch gerne kragenlose Varianten des Rockes.

Für Litzen und Stickereien gilt, dass sie damals grundsätzlich hangemacht waren, und dementsprechend kostspielig, und eher die Krönung eines guten Anzuges. Denn nichts sieht schlechter aus als ein Rock billigen Stoffes, der über und über mit Litzen und Tressen besetzt ist. Wenn man diese Dinge einsetzt, sollten sie primär hoichwertig sein, und erst zweitrangig in großen Mengen auftreten.

Wer reich war, zeigte dies durch brillante Farben (reine Rot- und Blautönez.B.) und hochwertige Stoffe. Also lieber bei den Litzen sparen, und dafür guten Stoff auswählen. Das Volk und die Bürger trugen gerne Wollstoff, wegen der guten Trageeigenschaften, und der relativen Robustheit.

Gute Wolltuche sind aber auch für den Adel im Alltag eine gute Wahl.

Durch hochwertige Verarbeitung und guten Sitz lässt sich ebenfalls schon Wohlstand zeigen, sehr sorgfältig gearbeitete Knopflöcher und hochwertige, schöne Metallknöpfe könnendann bisweilen sehr große Wirkung zeigen!

Im Übrigen waren alle Röcke gefüttert. Als Regel kann man sagen, das das Futter gleichwertig oder etwas weniger edel als der Oberstoff sein sollte, und natürlich leichter. Die Ärmel bei Röcken mit Wollstofffutter füttert man ganz gerne mit nicht zu grobem Leinen.

Der Rock wurde im 17ten Jh. über dem Bauch geschlossen getragen, darüber und darunter ließ man die Knöpfe offen. Im 18ten Jh. trug man den Rock eigentlich immer offen, einige besaßen kleine, verdeckte Haken und Ösen, um sie vorne leicht zuhaken zu können. Das sah dann in ungefähr so aus, als berührten sich die Vorderkanten nur leicht. War die Vorderkante im 17ten Jh. exakt gerade geschnitten, war sie im 18ten Jh.zunächst kaum wahrnehmbar geschwungen,später elegant gekurvt und die verringerte Stoffmenge der Schöße kam hinzu, sodass der Rock anmutig einen Blick auf die Weste erlaubte.

Für sehr modische Herren lässt sich der Rock noch mit Zwischenfuttern in den Fronten, ggf. auch den Schößen, Aussteifen. Das macht eine glatte Brust, und gibt dem Kleidungsstück Stand. Die Ärmel und den Rücken NIE aussteifen, wenn Ihr Euch noch bewegen können wollt. Zum Zwischenfüttern nahm man damals Steifleinen, Papier oder Leinen gewachst, oder Rosshaar.

Die Weste

Die Weste ist ebenfalls ein wichtiges Kleidungsstück, denn ohne Rock fühlt sich ein Gentleman nicht recht wohl, und ohne eine Weste regelrecht nackt, denn das Hemd ist nur Unterwäsche!

Die Weste sollte recht eng anliegend geschnitten sein, und auch auf ähnliche Weise geschlitzt sein.

Im 17ten Jh. ist die Weste oft langarmig, vielmehr sind sogar die Westenärmel länger als die des 17ten Jh. Rockes, und die etwas kleineren Ärmelaufschläge der Weste sind damit auch bei angezogenem Rock sichtbar. Die Westen reichen genau wie der Rock bis zu den Knien, nur wenige Zentimeter kürzer als der Rock. Daher sind dann die Schöße der Weste auch so geschlitzt, wie die Rockschöße.

Die Weste wird wie der Rock über dem Bauch zugeknöpft getragen. Lediglich einen Knopf höher ebenfalls, und auch ein paar Knöpfe tiefer als der Rock auch noch.

Im frühen 18ten Jh. ist die Weste mittlerweile allgemein ärmellos, und die Schöße reichen nur noch bis ungefähr zur Mitte der Oberschenkel. Interessanterweise sind die hinteren Schöße der Westen mittlerweile kurz, sodass sie nur noch stummelartig sichtbar sind. Die Weste wird oft fast bis zum Hals geschlossen getragen, unten musste sie nicht zu sein.

Im späteren 18ten Jahrhundert sind die vorderen Schöße der Westen kurz, und sie werden nun ganz geschlossen getragen, bis ggf. auf 1-2 Knöpfe am Hals.

Als Tipp sei gesagt, dass es immer gut wirkt, wenn die Weste eine andere Farbe als der Rock hat, und beide gut zusammenpassen (etwa blauer Rock mit cremefarbener weste) und/oder wenn Weste und Hose aus dem gleichen Stoff gemacht sind, und die gleiche Farbe haben. Wahlweise kann man auch Ton-in-Ton arbeiten.

Die Westen hatten, wenn sie modisch waren, sehr oft auf eine Schnürung am Rücken, um sie in der Weite zu "justieren". Um diese zu verdecken, trug ein Mann von Stande in der Öffentlichkeit immer den Rock.

Taschen befinden sich meist auf der Hüftlinie, und Form und Größe der Taschenklappen sind je nach Geschmack des Träger zu wählen.

Sehr modebewusste Herren ließen die Fronten der Westen gerne zwischenfüttern, z.B. mit Steifleinen, gewachstem Leinen oder Papier, oder mit Rosshaar. Der Sinn lag darin, dem Ganzen "Stand" zu verleihen, und eine glatte, knitter- und falten-freie Brust zu formen.

Das Hemd

Bitte beachtet das Jabot etwas weiter unten.

Das Hemd ist für gewöhnlich aus feinem Leinen gewesen, Nesselstoff und Baumwollen gab es auch.

Das Hemd ist recht großzügig geschnitten, und besonders die recht weiten Ärmel fallen auf. Die Ärmel hatten natürlich keinen Gummizug am Ende. Vielmehr waren sie dort mit einem Manschettenknopf und einem Schlitz versehen, also technisch modernen Hemden ähnlich.

Die Hemden hatten allesamt recht hohe Stehkragen, die jedoch aufgrund des Materials nicht von selbst standen. Vorne war das Hemd bis auf die Höhe der Brustwarzen etwa geschlitzt, und es hatte am Hals einen Knopf.

Die Hemden waren ob ihrer Sekundärverwendung als Nachthemd meist knielang, aber dann ab der Hüft links und rechts geschlitzt. Die armen Menschen, denen es sogar für die Unterhosen an Geld fehlte, wickelten sich dann die langen Enden des Hemdes zu einer quasi improvisierten Unterhose.

Das Hemd war fast immer weiß oder eben in der Naturfarbe des Materials.

Geschnürt wurden die Hemden, ausser im 17ten, und ganz fühen 18tenJh. also nicht, es gab an ihnen ja die Knöpfe.

Das einfache Volk trug die Hemden schlicht, doch Bürger und reiche Leute, allen voran der Adel, trugen sie ab dem späten 17ten Jh. mit "Rüschen".

Schwört bitte nun an dieser Stelle den Spitzen-Wasserfällen ab. Danke!

Die Rüschen waren lediglich schmale feine Stoffstreifen, ca. 5-10 cm breit, die unten an den Ärmelrändern angenäht waren.Länger kann man sie auch machen, es wird dann aber unpraktisch (Dinieren>Rotweisauße>Griff zum Wein>Soße am Ärmel )

Ein Streifen für die "normalen" Bürger, einen 10cm und darüber einen 5cm Streifen für Bürger und Reiche, wer es mag.

Diese Streifen feinen Tuches schauen dann keck unter den Rockärmeln hervor.

Das Jabot

Es gab sie nicht, die Umbindelätzchen aus Spitze, die um den Hals hingen. NEIN, wirklich nicht!!

Hat man nun ein Hemd mit den "Rüschen" an den Ärmeln, so sind ebendiese in exakt gleicher Weise am Halsausschnitt angebracht. Sind Rüschen am Ärmel, sind sie auch am Hals, andersherum nicht zwingend. Sie fangen,beim Hals, beim Knopf an, gehen an der Naht des Ausschnittes entlang herunter und kommen auf der anderen Seite wieder hoch, bis zum Knopf, oder sind zwei einzelne Stücke.

DAS ist das Jabot, die "Rüschen" am Hemdausschnitt.

Wenn man nun das Hemd unter einer Weste trägt, und der Knopf am Hals natürlich zu ist, dann quellen die Rüschen des Jabots bei einem oder mehreren offenen oberen Westenknöpfen hervor, und bilden die Jabot-Optik.

Da nun der Hemdkragen schlaff ist, trägt man ein Halstuch, die "Cravat(e)": ein langes, meist ca. handbreites, Tuch aus edlem, feinen,fast immer weissen, Stoff. Sie wird um den Hals gelegt, kreuzt sich im Nacken, und wird vorne mit einem einfachen Knoten geschlossen, und man hängt zunächst die Enden offen über Weste, recht schnell aber bürgert sich ein, die Enden im Hemdschlitz verschwinden zu lassen. Eine Brosche schadet nie. Alternativ taucht später für formale Anlässe eine Halsbinde auf. Hierzu empfehle ich den Link weiter unten, es gibt dort eine Anleitung dafür.

Als kleiner Rat sei noch vermerkt, dass ihr bitte den Rock (ggf. die langärmelige Weste) gemächlich anzieht, denn die weiten Hemdsärmel müssen schließlich auch in die engen Rockärmel. Also: nicht hetzten, "Contenance" wahren, zumal ein echter Gentleman alle Zeit der Welt hat *g*

Sollte der Herr eventuell dennoch Spitze wollen, so ist sie nicht zu breit einzusetzen, und genau wie ein Rüschenstreifen zu befestigen. Es gab tatsächlich Spitzenrüschen, aber nur bei extrem reichen Herren, denn alle Spitze war damals handgemacht, und dementsprechend auch sauteuer.

Die Hose

Wir haben den Rock, die Weste und das Hemd, aber warum frieren wir dann noch? Wie wäre es denn mit einer Hose? Super, jetzt sollte man nur noch wissen, welcher Art.

Im 17ten und 18ten Jahrhundert waren Kniebundhosen der Standard.

Die Kniebundhosen reichen alle bis direkt unter das Knie. Im 17ten Jahrhundert ähnlich eng/weit wie heutige Jeans und bis unter das Knie reichend, werden sie im 18ten jahrhundert langsam enger und zum Ende hin immerkürzer, sodass sie zuletzt beimsitzen nur noch gerade so unter der Kniescheibe bleiben.

Die Hosenbeine sind an der Außenseite (beim rechten Hosenbein also rechts, beim linken links) kurz geschlitzt. Damit die Hosenbeine eng am Bein abschließen, werden sie hier mit zwei bis vier Knöpfen je Hosenbein geschlossen. Im 17ten Jahhundert ist im unteren Saum noch ein schönes Band eingenaht, mit der dann das Hosenbein schön eng geschnürt wird. Meist wird dies zu einer schönen Schleife gebunden.

Im 18ten jahrhundert trägt man das Band nicht mehr, sondern eine kleine Schnalle.

Diese Dinge sollen nicht nur die Optik wahren, und das Hosenbein eng am Bein abschliessen, sondern auch die Kniestrümpfe vom Herabrutschen abhalten. Es gibt zusätlich natürlich noch seperate Strumpfbänder, bei Bedarf.

Bei den Hosen mit Kordel oder Schnalle ist zur Sitzbarkeit etwas mehr Stoff als heute übrig im Pobereich vorhanden, der einen kleinen "Entenarsch" produziert. Jedoch ist dieser nicht tragisch, sondern akzeptabel, und durch den Rock sowieso nicht sichtbar.

Die Hose wird vorne mit einigen Knöpfen geschlossen. Um diese unansehnliche Knopfleiste zu verdecken, die später von den kürzer werdenden Westennicht mehr verdeckt werden, haben die Hosen dieser Anzüge fast alle Klappen, die diese verdecken, nicht unähnlich den Klappen der bayrischen Lederhosen.

Der Hosenbund sitzt auf der natürlichen Hüftlinie, vorne niedrig, hinten hoch. Hinten ist die Hose mit einer Schnürung versehen, die ebenfalls vom Rock verdeckt wird. Sachen wie Gummizug im Hosenbund sind nicht nötig.

Da wir nun bei den Beinen sind, betrachten wir die Kniestrümpfe. Es sind keine Strumpfhosen, oder sonstwas, einfach nur Strümpfe, die gerade über das Knie herüberreichen, am besten 1-2 Handbreit höher. Die weißen (bei frühen Anzugen auch malfarbigen) Strümpfe sind genäht, weisen daher hinten eine Naht auf, und sie sind deutlich blickdichter als die C&A oder was-weiss-ich-woher Kniestrümpfe. Sie sehen auch ungemein edel aus.

Wer einen einfachen Bürger oder armen Mann darstellt, der kann auf gestrickte Strümpfe, die nicht zu dick und grob sind, zurückgreifen, und für die Armen sind selbstgestrickte Wollstrümpfe sowieso die einzig Verfügbaren/Bezahlbaren.

Für normale Bürger oder gar Adlige sind allerdings Strickstrümpfe meist zu grob. Um die Strümpfe am Herunterrutschen zu hindern, gibt es bei der Hose ja die Schnalle oder das Band. Hat die Hose das nicht, so wird eine Art Miniaturgürtel direkt unterhalb des Knies auf den Strümpfen fest geschlossen getragen, der dann unter dem Hosenbein verschwindet.

Schuhe und Co.

Schuhe waren früher teuer, und zwar sehr. Die einfachen Bauern liefen daher häufig mit Holzschuhen umher. Für den Sonntagsanzug allerdings, da brauchte man etwas besseres, und wer etwas auf sich hält, trägt sowieso nur standesgemässes Schuhwerk.

Die Schuhe wurden früher auf einen Leisten gezogen, d.h. er linke und der rechte waren identisch. Das mag merkwürdig klingen, aber solche Schuhe laufen sich,gutgemacht, nach kurzer Zeit auf links, bzw. rechts ein. Und unbequem ist das auch nicht! (Eigene Erfahrung)

Die Schuhe waren meist schlichte Lederhalbschuhe, die mit der rauhen lederseite nach aussen gefertigt wurden. Dadurch bekam man die Aussenseite besser mit Schuhcreme behandelt, und innen waren die Schuhe glatt, was ein teures Futter ersparte. Sparsame oder sehr arme Leute tauschten angeblich täglich die linken und rechten Schuhe aus, damit sie sich gleichmässig abnutzten, aber dadurch wurden die Schuhe ständig von links nach rechts gewalgt, und liefen sich nie ein. Das ruiniert die Schuhe tatsächlich schneller als das normale Tragen, und es dürfte sehr auf die Füße gehen, permanent in unpassenden Schuhen umher zu rennen.

Im 17ten Jh. wurden die Schuhe gerne mit breiten Stoffbändern geschnürt, die schöne Schleifen ergaben, und hatten sehr hohe Zungen. das einfache Volk schnürte sich die Schuhe mit Lederband. Vereinzelt gab es kleine Schnallen zum Schliessen der Schuhe, aber eben nicht bei den Armen, für die die Metallschnallen viel zu teuer waren.

Im 18ten Jh. wurden die Schnallen das Mittel Nummer eins, um die Schuhe zu schliessen. Sie wurden grösser, und die Zunge wurde kürzer.

Wenn die Schuhe mit Schnallen geschlossen wurden, waren lange Laschen vorhanden.

Armes Volk, das bspw. seine Schuhschnallen für Schnaps verpfändete, schnitt diese Laschen kurz oder faltete sie ein, und nutzte die Löcher im verbleibenden Teil, um ein Lederband hindurchzufädeln, um damit die Schuhe zu schließen. Die Armen trugen billige Schuhe, meist vom Flickschuster aus alten, notdürftig reparierten Schuhen hergestellt, und von erbärmlicher Lederqualität.

Mit zunehmendem Reichtum der Besitzer nahm natürlich die Lederqualität zu.

Menschen, die nicht in ihren Schuhen zu arbeiten brauchten, trugen im späten 18ten Jh. zunehmend Schuhe, die etwas tiefer ausgeschnitten waren als die "normalen".

Soldaten und andere vielreisende Menschen trugen bisweilen Nägel unter der Sohle. Diese stellten in einer recht straßenbelagsfreien Welt gute Bodenhaftung sicher. Jedoch waren die Nägel nicht billig, da jeder einzelne handgeschmiedet war.

Wer durch den Wald latschte oder eben Soldat war, trug meist, Sodaten immer, Gamaschen, die Schmutz und Matsch aus den Schuhen hielten.

Wer beritten war, trug meist Stiefel.

Reitstiefel waren bei Berittenen, oder beritten Reisenden, an der Tagesordnung. Stiefel gab es in diversen Varianten,je nach Modegeschmack,Zeit und Zweck des Schuhwerkes. Hist. Gemälde können hier nette Anhaltspunkte geben.

Insgesamt war schwarz früher die Schuhcreme schlechthin. Meist bestand sie aus Ruß, Bienenwachs und Öl, und einigen anderen Beimengungen, die die Schuhe wasserdicht und schwarz halten sollten.

Z.B. führte jeder engl. Soldat einen sog. "black-Ball" mit sich, einen Klumpen eben jener Schuhcreme.

Bunte Schuhe jedoch stehen dem finanziell gutsituierten Herren ebenfalls zur Verfügung.

Es sei zuletzt noch gesagt, dass die Absätze im 17ten Jh. etwas höher waren als im 18ten, und dass jeweils in der gemeinen Bevölkerung die Absätze recht flach, weil praktisch, waren, und bei der Oberschicht etwas höher, aber bei Weitem waren es keine Stöckelschuhe.Bis ca. kurz nach 1800 schrumpften die Absätze auf fast Nicht-Existentes Niveau.

In letzter Zeit sieht man häufig "Seefahrer", fast immer mit Stiefeln. Realistisch ist das aber eher weniger, einfache Schuhe oder barfuss wäre deutlich passender, denn: Viel Leder = Viel Teuer und Stiefel benötigen viel Leder.

Frisuren und Perücken

Man weiß ja, daß man im 17. und 18. Jh. zu übertriebenen Frisuren neigte, nicht wahr?

JEIN.

Bitte zunächst alle falschen Film- und Fernsehklischees vergessen. Danke.

Die normale Bevölkerung trug die Haare in beiden Jahrhunderten lang. Wurden sie beim gemeinen Volk im 17ten gerne offen getragen, trug man sie im 18ten Jh. gesittet zum Pferdeschwanz gebunden.(meist)

Die gehobenen Schichten wie Bürger und Adel trugen im 17ten Jh. gerne lockig. Auch beliebt war es, den Großteil des Haare in Locken zu legen, so dass die Lockenfülle bis zu den Schultern reichte.

Im 18ten Jh. trug man beim Bürgertum, Adel etc. gerne links und rechts je eine Locke/Krulle an den Schläfen. Manchmal auch jeweils zwei, höchstens drei. Die übrigen Haare trug man zum Pferdeschwanz gebunden in einem Haarsack, der meist mit einer schönen Schleife geschlossen wurde,oder als Bandzopf.

Gelegentlich sah man auch zwei Locken, die den oberen Rand der Stirn einrahmten.

Hochtoupiert zu Turmbauten wurde da nichts, auch wenn es zeitweise etwas höhere Frisuren gab.

Puder:

Nunja, in Ermangelung von modernen Haarfarben griff man auf farbige Puder zurück. Wer beispielsweise graue Strähnen abdecken wollte, puderte sich das Haar in seiner Naturfarbe, aber dann natürlich alles, da das Puder stumpf ist, und nicht glänzt. Auf die gleiche Weise wurden Haarteile oder künstliche Strähnen "getarnt", wenn jemand dünnes Haar hatte und auf solche Mittel zurückgriff.

Weißes Puder war hellgrau und war weit verbreitet. Und es sieht auch hellgrau und matt aus, und nicht wie die billigen weissen Plastikperücken.

Der Grund für das Pudern war u.A.,das die Fett- und Öl-Basierten Pomaden zum Frisieren das Haar glänzend machen, "fettig", und das Puder mattiert die Frisur, und bindet die "Feuchte" der Pomade, es stabilisiert zusätzlich die Frisur. Des weiteren glaubte man, das gewisse Körpermerkmale Wesenszüge erkennen lassen,und helle Haare galten als Zeichen guten Characters, der Schritt zum weissen Puder ist dann ein kleiner.

Wer also gepudert sein möchte, dem rate ich zu echtem Puder. Sehr feines Reismehl z.B.. Pomade nicht vergessen, sonst hält der Puder nicht in der Frisur.

Perücken waren extrem teuer, da handgeknüpft und meist aus echtem Menschenhaar. Und da es wohl kaum genug alte Damen mit weißem (nicht gelblich grauem) langen Haar gab, hatten Perücken immer natürliche Haarfarben. Billiger waren da Tierhaarperücken, aber man wollte niemandem zeigen, dass man sich keine Menschenhaarperücke leisten konnte, also wählte man auch hier meist natürliche Farben.

Also kann man die weißen Plastikteile vergessen. Wer eine besitzt, verbrennen, das erhöht die optische Erträglichkeit enorm.

Im übrigen trug nur Perücken, wer diese wirklich brauchte und/oder sehr wohlhabend oder reich war, denn sie waren sehr teuer. Aus Unzulänglichkeit der eigenen Haarfülle oder schierer Frisierfaulheit, aber Perücken waren nicht obligatorisch, es trugen durchaus auch viele ihr eigenes Haar

Also lieber schlichte, zurückhaltende Frisuren mit eigenem Haar als die Plastikteile, die ihr Geld nicht wert sind.

von AlexBosch, aus Forumsbeiträgen mit Zustimmung des Autors übernommen durch RalfHüls, 03.05.2005

Verbesserungen und Vorwort von mir aus eigener Federhizugefügt. AlexBosch, 10.10.2009

Schnittmuster und Anleitung bei www.marquise.de


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